In den letzten Tagen wird in den Medien wieder über Maturitätsquoten und Universitätszugänge diskutiert. Begriffe wie „sozial ungerecht“ und „ökonomisch ineffizient“ werden verwendet und dabei geht ein wichtiger Begriff vergessen: „Qualität der Bildung“.

Das Schweizer Bildungssystem-historisch gewachsen und situativ angepasst

Das Schweizerische Bildungssystem ist ein Erfolgsprodukt. Historisch gewachsen und situativ mehrwertbringend angepasst, generiert es einen hohen Bildungsstandard.

Die grösste Stärke des Schweizerischen Bildungssystem: Auswahl zwischen einer Ausbildung über eine Berufslehre und dem gymnasialen Weg, dem sogenannt dualen duale Bildungssystem. Die Mischung aus den beiden möglichen Bildungswegen macht den Erfolg aus. Will man daran etwas ändern, sollte man nicht irgendwelche Quoten in den Raum stellen, sondern über zusätzliche Qualitätsverbesserungen diskutieren. Bildung ist kein Massenprodukt, das dazu dient, der Wirtschaft zu helfen, sondern ist ein Qualitätsprodukt, welches mündige und aufgeklärte Bürger hervorbringt.

Quotendiskussionen

Jedes Jahr um diese Zeit wird in den Medien über die richtige Quote bei den Aufnahmeprüfungen an die Schweizerischen Gymnasien diskutiert. Von Soziologen bis zu Universitätsrektoren diskutieren alle mit, die irgendwann vor langer Zeit einmal eine Matura absolviert haben. Die Diskussion wird unter allen Beteiligten meist emotional, aber leider nicht immer rational geführt. Akademiker vergessen dabei gerne einmal die Berufsbildung.

So bezeichnete Daniel Oesch Maturitätsquoten von unter 20 Prozent in der NZZ  vom 2. März als «sozial ungerecht und ökonomisch ineffizient». Er zitiert Studienergebnisse, wonach in der Schweiz die elterlichen Ressourcen die Ausbildung besonders stark beeinflussen. Dies ist wahrlich besorgniserregend. Niemand möchte eine soziale Disbalance in der Bildung haben. Er vergisst dabei, dass verschiedene Studien den Zusammenhang zwischen einer höheren Zulassungsquote und mehr Abbrüchen darlegen. Dies ist ökonomisch ebenfalls ineffizient und hilft weder den Gymnasien noch Eltern und Kindern.

3 Gründe gegen eine Erhöhung der Maturitätsquote

Es stellt sich die Frage, ob mehr junge Menschen eine ihren Fähigkeiten entsprechende Ausbildung wahrnehmen, wenn die Zugangsbeschränkungen fürs Gymnasium gelockert werden. Aus meiner Sicht sprechen mehrere Gründe dagegen, beziehungsweise gegen eine generelle Erhöhung der Maturitätsquote.

  1. Die Qualität der Ausbildung würde leiden. Wie oben schon erwähnt, zeigen verschiedene Studien auf, dass eine höhere Maturitätsquote auch mehr Abbrüche mit sich bringt. Dies ist ökonomisch nicht vertretbar, schwächt das Selbstvertrauen der Abbrecher und verlängert aus wirtschaftlicher Sicht den Zeitraum, in dem sich Bildung beginnt auszuzahlen.
  2. Schon heute bemängeln die Hochschulen das Ausbildungsniveau der Maturanden. Eine Erhöhung der Quote würde dabei nur Öl ins Feuer giessen. Mehr Studenten*innen an den Universitäten bedeutet auch, dass an einer anderen Stelle gesiebt werden müsste. Dies wiederum verschiebt die Abbruchquote zeitlich einfach nach hinten, was ökonomisch und auch sozial noch weniger Sinn macht. Eignungstest würden wieder eingeführt werden müssen und die Matura wird somit faktisch sinnlos.
  3. Die Berufsbildung in der Schweiz bewegt sich auf einem sehr hohen Niveau. Die Berufsschulen bilden Fachleute aus, welche sich weltweit mit ihren Kollegen messen können und dies auch regelmässig an Berufsweltmeisterschaften unter Beweis stellen. Wird der Zugang zu Gymnasien und Universitäten einfacher, besteht das Risiko, dass die Berufslehre als gleichwertige Ausbildung von vielen leistungsstarken Jugendlichen nicht mehr genutzt wird. Fachkräftemangel herrscht schon heute und dies würde dadurch noch mehr verstärkt werden. Was wiederum aus ökonomischen Gesichtspunkten wenig Sinn ergibt.

Gibt es eine Lösung für mehr chancengleichheit?

Die Frage der Chancengleichheit für alle bleibt aber weiterhin bestehen. Hier kommen die üblichen Argumente zum Zug: Das hohe Niveau der Berufslehre inklusive Berufsmaturität muss vom Bund und den Kantonen stärker kommuniziert und gefördert werden! Die Vorteile müssen den Eltern und den Jugendlichen dargelegt und es muss darauf geachtet werden, dass eine akademische Laufbahn immer noch möglich ist, auch ohne ein Gymnasium besucht zu haben. Dies erreicht man durch eine erhöhte Durchlässigkeit zwischen den tertiären Bildungsinstitutionen.

Im Moment wird der 25jährige Rahmenlehrplan für Gymnasien überarbeitet. Diese Überarbeitung darf auf keinen Fall eine Quotenerhöhung garantieren, sondern muss darauf abzielen, die Qualität der gymnasialen Ausbildung stetig zu erhöhen. Denn nur mit einer qualitativ hochwertigen Matura kann ein prüfungsfreier Universitätszugang gewährleistet werden.

Zusammenfassend halte ich fest: Die Schweizerische Maturität ist wie ein Qualitätssiegel, welches nicht mit Quoten verwässert werden sollte. Das hilft weder der Chancengleichheit noch der Wirtschaft.
Die Vorzüge des Schweizerischen Bildungssystems sind offensichtlich und müssen breit kommuniziert werden. Die Mischung zwischen Berufslehren und Matura ist dabei eminent wichtig. Schweizerische Qualität ist hier gefragt und keine Quoten.

 

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